Bereits seit 1991 gibt es die Kampagne „Orange the World“ der Vereinten Nationen, wobei das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen in den Mittelpunkt gestellt wird. An den von der UN ausgerufenen Aktionswochen vom 25.11. bis zum 10.12.2025 hat sich auch das E.T.A. beteiligt. Ein Bericht.
Sichtbar für alle – Plakate zu vergessenen Heldinnen im Schulhaus
Albert Einstein, den berühmten Physiker, der die Relativitätstheorie entwickelt hat, kennt fast jeder. Fast keiner kennt aber Einsteins Ehefrau, Mileva Marić. Die höchst begabte Mathematikerin, die als eine der ersten Frauen an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich studieren durfte, hat zu Einsteins Erfolg, als seine wichtigste Gesprächspartnerin, vermutlich genauso viel beigetragen wie er selbst. Nur, dass sie fast nie in diesem Zusammenhang heutzutage erwähnt wird. Informationen zu ihr und zu vielen weiteren vergessenen Heldinnen trugen zwei Klassen der elften Jahrgangsstufe zusammen, gestalteten Plakate und hängten diese im ganzen Schulhaus, für alle sichtbar, auf.
„Sprich darüber!“ – P-Seminar Theater 2025/26 produziert Kurzfilm
Das ist die Message des Kurzfilms, der vom aktuellen P-Seminar für die Orange Days produziert wurde. Inhaltlich wird dabei sowohl die körperliche als auch psychische Gewalt gegen Frauen und Mädchen, zum Beispiel durch Aussagen wie „Du hast keine Chance, vor Gericht wirst du verlieren!“, thematisiert. Die von der körperlichen Gewalt hinterlassenen Spuren werden sichtbar gemacht und zeigen das Ausmaß, verbunden mit der Botschaft aller Darstellerinnen: „Du bist nicht allein, sprich darüber!“ Denn fast alle vier Minuten erlebt eine Frau in Deutschland häusliche Gewalt.
Der Kurzfilm ist auf YouTube unter diesem Link abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=6jGUXkjGSq4
Frauenhaus, Unternehmen, Polizei – Workshops für elfte Jahrgangsstufe
Kriminalpolizistin, Leiterin des Frauenhauses, Gewerkschaftlerin, Unternehmerin, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt – starke Frauen gaben den Schülerinnen und Schülern der elften Klassen Einblicke in ihre Berufe mit Bezug zu Frauen und beantworteten ihre Fragen.
Wie zum Beispiel Bettina Hainke, die Leiterin des Bamberger Frauenhauses, die Einblicke in ihre Arbeit gab. So verstanden die Teilnehmenden, wann Frauen ins Frauenhaus kommen dürfen und Frau Hainke erklärte, dass Frauen erst oft handeln, wenn gegen sie direkte körperliche Gewalt im familiären Umkreis ausgeübt wird. Häufiger werden im Vorfeld aber auch schon andere Gewaltformen wie psychische und soziale Gewalt vor einer körperlichen Tat angewandt. Sie machte deutlich, dass Frauen zu ihr bei jeder Form von häuslicher oder familiärer Gewalt kommen können und stellte sich den neugierigen Fragen der Schülerinnen und Schüler zu ihrer Einrichtung.
In einem weiteren Workshop zeigte unter anderem Anja Flügel von der Kriminalpolizei Bamberg die Formen der Gewalt gegen Frauen auf und schilderte Konsequenzen, die Täter bei Anwendung von jeglicher Form von Gewalt zu erwarten haben. Sie reichen von Kontaktverboten über Gefährderansprachen bis zur vorübergehenden Unterbringung in einer Haftanstalt in besonders schweren oder wiederholten Fällen.
Expertinnen im Gespräch – Podiumsdiskussion „Sie lächelt so nett - das reicht doch!“
Die Expertinnen aus den Workshops zuvor durften sich zum Abschluss des Aktionstags den Fragen der zwei Schülermoderatorinnen, aber auch der anwesenden elften Jahrgangsstufe und den Lehrerinnen, die diesen Projekttag organisiert hatten, stellen. Die Diskussion begann umrahmt von dem Stück „Forlane für Flöte und Klavier“ der vergessenen Komponistin Germaine Tailleferre, das von Valentina Bien aus der Q12 und Andrea Paletta vorgetragen wurde. Anita Merzbacher, Diplom-Wirtschaftsinformatikerin und Unternehmerin wandte sich mit dem Appell „Wir sollten alle Feminist:innen sein.“ vor allem an die anwesenden Jungen aus der elften Jahrgangsstufe und machte deutlich, dass die teilweise negativen Assoziationen zu dem Begriff Feminismus haltlos sind. Der Begriff meine „sich einfach nur für Frauenrechte einzusetzen“, so Merzbacher. Dem stimmte das Plenum und die Mitdiskutierenden zu, unter anderem Anna Tanzer von der Gewerkschaft ver.di, die sich selbst als überzeugte Feministin beschrieb.
Zum Thema Frauen in der Arbeitswelt forderten die meisten Expertinnen eine verpflichtende Frauenquote, unter anderem die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bamberg, Gabriele Kepic, die ergänzend meinte, dass Frauen sich um gleiche Stellen, vor allem Chefposten immer mehr anstrengen müssten als Männer. Sie mache deshalb Frauen auch immer wieder Mut, sich auf Führungsstellen zu bewerben, wenn diese zweifelten, beschreibt Kepic ihre Arbeit.
Auch zum Thema Gewalt und sexualisierte Übergriffe an Mädchen und Frauen, wurde diskutiert. Die Schülerin Luise Müller-Kuller aus dem Publikum bezog mit dem eindrücklichen Zitat Stellung, dass man als Mädchen oder Frau nur durch andere sexualisiert werden kann, nicht durch sich selbst oder die gewählte Kleidung. Gleichwohl kann man sich durch Kleidung ausdrücken, die Sexualisierung entstehe allerdings dadurch, was andere, vor allem Männer, daraus machten. Gerade bei diesem Thema, jedoch ebenso bei den vorhergehenden, gab es allerdings auch immer wieder kritische Einwände aus dem Publikum.
In ihren Abschlussstatements betonten die Expertinnen die Wichtigkeit des Zusammenhalts von Mädchen und Frauen. „Bildet Netzwerke und unterstützt euch gegenseitig“, war der gemeinsame Tenor, der besonders den Schülerinnen ans Herz gelegt wurde.
Nach rund 80 Minuten Diskussion und Austausch beendeten die Moderatorinnen Lucine Schmitz (11a) und Alma Elsas (11c), die die Podiumsdiskussion souverän und umsichtig geleitet hatten, die Veranstaltung.
„Orange the World“ – nur Worte oder gelebte Wirklichkeit? Für das E.T.A. gilt definitiv letzteres. Denn durch zahlreiche weitere Aktionen wurden alle Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie Besucherinnen und Besucher unserer Schule auf das Projekt aufmerksam: beteiligte Lehrkräfte trugen eine orangene Hand als Pin, das Schulhaus wurde von innen orange angestrahlt, die E.T.A. Hoffmann-Büste am Haupteingang bekam einen orange-farbigen Schal und als bleibendes Element sichtbar bleibt auch eine orangene Bank im Schulhof, die vom Unesco-Team farbig passend angestrichen wurde. Viele dachten zuerst, was das überhaupt solle, das mit den Händen, der Bank und den orangenen Lichtern? Der ein oder andere entdeckte die Plakate im Schulhaus, sah den Kurzfilm oder fragte einfach mal nach. Schülerinnen und Schüler blieben im Schulhaus stehen und sahen vergessene Heldinnen. Und so wird deutlich, dass hier eine Aktion mit Mehrwert und Nachhaltigkeit, nicht nur für die elfte Jahrgangsstufe, sondern sicher für die ganze Schule geschaffen wurde.
Text: Felix Berger, 11a



