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1. Das Gebiet St. Stephan

Willkommen zu unserem Rundgang durch das Gebiet St. Stephan! Begeben Sie sich mit uns auf eine Tour in die Vergangenheit dieses historisch so bedeutenden Bergs. Das Zentrum des 1009 gegründeten Stifts St. Stephan bilden die Kirche St. Stephan, das Kapitelhaus und die Stiftskurien, zu denen Sie im Verlauf des Rundgangs noch einiges erfahren werden.
Besonders an diesem Gebiet ist natürlich die Lage am Berg, und wahrscheinlich haben Sie schon einmal vom Unteren und Oberen Stephansberg gehört, aber wo war da eigentlich die Grenze? Geschichtlich genau da, wo Sie gerade stehen, an der Kreuzung zum Alten Graben. Hier befand sich nämlich bis zum 19. Jahrhundert ein Tor, das die zwei Gemeinden des Stephansbergs trennte – in die untere, die sich um die Kirche gruppierte, und in die obere, deren Häuser entlang der Straße den Hang hinauf standen. An der Grenze verlief wohl auch ein Befestigungswall, an den noch der Name „Alter Graben“ erinnert. Dieses Tor, das auch auf dem berühmten Plan von Petrus Zweidler aus dem Jahr 1602 zu sehen ist, wurde bereits 1350 erstmals erwähnt, er stand hier bis zu seinem Abbruch im Jahre 1812.

Wenn Sie nach oben blicken, sehen Sie die Hänge der oberen Gemeinde, an denen früher Obst und ein wenig Wein angebaut wurde – allerdings nur bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ab da verdrängten Klimaveränderungen den Wein aus Bamberg - und auch die Tatsache, dass die Bürger einfach mehr Bier tranken. Deshalb wurde auch am Stephansberg mehr Hopfen angebaut, und Bamberg entwickelte sich von der Wein- zur Bierstadt. Aus diesem Grunde waren hier auch Brauereien ansässig, die ihr Bier in den Kellern des Berges kühlten. Geblieben ist davon diejenige, die das bekannte Bamberger Rauchbier „Schlenkerla“ herstellt. Das Bier wurde damals wie heute am besten frisch genossen – und zwar direkt im Biergarten auf dem Keller, weswegen man auch noch heute „auf den Keller“ geht. Und von diesen Bierkellern finden Sie am Oberen Stephansberg noch zwei der schönsten ihrer Art.

Richten Sie nun ihren Blick die Straße abwärts. Sehen Sie das große weiße Gebäude in ca. 70 Metern auf der rechten Seite? Oder das rot-gelbe Barockhaus auf der linken Seite? Das sind ehemalige Chorherrenhäuser des Stifts, die sich um die Stiftskirche gruppieren. Das Gebiet St. Stephan gehörte zu den fünf Immunitäten der Stadt Bamberg. Aber was bedeutet der Begriff Immunität eigentlich? Eine Immunität war ein klar umgrenzter Bereich um die wichtigen Kirchen des 11. und 12. Jahrhunderts, also St. Gangolf, St. Michael, St. Jakob, natürlich den Dom – und eben St. Stephan. In einer Immunität galten eigene Rechte und ihre Bewohner wurden von gewissen städtischen Abgaben befreit. Jeder dieser Bezirke unterstand einem geistlichen Grundherren, dem Stift. Um 1750 wurden die Mauern und Zäune um die Immunitäten eingerissen und die abgegrenzten Bezirke aufgelöst. danach entstanden eigene Stadtteilgemeinden.

Wir begeben uns jetzt also durch das nicht mehr vorhandene Tor in die Immunität St. Stephan und ins Mittelalter. Bitte gehen Sie nun geradewegs bis zum Stephanshof hinab, an dessen rechter Seite Sie um die Kirche bis zum Stephansplatz gelangen. Hier befindet sich die nächste Hörstation.

2. Die Stephanskirche

Wissen Sie überhaupt, wen Sie hier vor sich haben? Ich, die Stephanskirche, bin eine der wichtigsten Kirchen in Bamberg, ach was, DIE wichtigste. Warum? Das werde ich Ihnen gleich erklären – aber sehen Sie mich doch erst einmal richtig an.
Wenn Sie sich an der richtigen Stelle befinden, müssten Sie nun vor dem hölzernen Tor mir gegenüber stehen und einen hervorragenden Blick auf mein Äußeres haben. Eindrucksvoll, nicht wahr? Und erst mein Standort, mit einem hervorragenden Blick auf die Stadt Bamberg. Doch halt, Sie wollten doch mich, nicht die Stadt bewundern. Wenn Sie später um mich herumgehen und Sie sich meinen Turm, genauer anschauen, fällt Ihnen vielleicht auf, dass die beiden unteren Stockwerke des Turms etwas anders aussehen als die darüber befindlichen. Dies liegt daran, dass die Kirche, so wie sie heute da steht, auf den Grundmauern eines Baus aus dem 13. Jahrhundert entstanden ist. Von diesen sind aber nur noch die unteren Stockwerke des Turmes erhalten. Mein Turm ist also der älteste noch erhaltene Teil, alles andere wurde später verändert. Meine Geschichte reicht aber noch weiter zurück, denn ich wurde vor über 1000 Jahren ließ mich ein Bischof namens Eberhard I. errichten. Damit war ich die erste Kirche nach dem Dom.
Und auf eine Sache bin ich besonders stolz: am 24. April 1020 weihte mich Papst Benedikt der Achte, wodurch ich die einzige evangelische Kirche nördlich der Alpen bin, die vom Papst gesegnet wurde.
In Auftrag gegeben wurde ich von Kaiserin Kunigunde, ja, der Frau von Kaiser Heinrich dem II. Es gibt eine Legende, die Kunigunde als wundertätige Gründerin beschreibt und wie sie die Bauarbeiter bezahlt haben soll: Am Abend soll sie sich nämlich mit einer Kristallschale voller Münzen an die Baustelle gesetzt haben, aus der jeder Tagelöhner nach Feierabend nur genau so viel herausnehmen sollte, wie er wirklich verdient hatte. Und auf wundersame Weise fand auch der, der sich einfach mehr genommen hatte, zu Hause nur seinen gerechten Lohn in seiner Hand wieder.

Zurück zu meinem Äußeren: So wie ich heute aussehe, wurde ich im 17. Jahrhundert gestaltet. Begonnen wurde mitten in der Zeit des 30jährigen Krieges durch Giovanni Bonalino, der den Chor neu aufbaute - aber erst ab 1677 konnte durch Antonio Petrini mit dem Bau der Kirchenschiffe begonnen werden – die Kreuzform des ursprünglichen Baus aus dem Mittelalter wurde beibehalten.

Und in dieser barocken Pracht lagerten die Bamberger dann – nach der Säkularisation nach 1803 – Obst und Gemüse, das muss man sich mal vorstellen! Die Kirche war also geschlossen worden! Gottseidank hielt dieser Zustand nicht lange, und ab 1808 war ich wieder den Gottesdiensten vorbehalten – nun aber auf Geheiß des Königs Max I. Joseph für evangelische Christen. Und eine evangelische Kirche bin ich bis heute geblieben.

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3. Die Stephanskirche innen – Orgel

Betreten der Kirche: Chorgesang
Herzlich Willkommen in der Stephanskirche! Lassen Sie zunächst das kreuzförmige Bauwerk auf sich wirken, dessen Mitte die Altarinsel darstellt. Von hier gehen die drei Kirchenschiffe aus, der Blick des Betrachters wird aber von dem hellen Chorraum angezogen, an dessen Ende der Hochaltar mit dem gesteinigten Stephanus zu sehen ist. Die Kreuzform der Kirche folgt den Grundmauern des Baus aus dem 11. Jahrhundert, dürfte also schon dem Willen der Stifterin, Kaiserin Kunigunde, entsprochen haben.
Der Innenraum wurde, wie die gesamte Kirche, in der Barockzeit neu gestaltet, sodass wir heute die Vielschichtigkeit durch die vielen Bögen und die fröhliche Helligkeit der Kirche bewundern können. Eigentlich war über dem Altar auch noch eine große Kuppel geplant, die noch mehr Licht in den Kirchenraum bringen sollte. Da ging aber den Bauherren das Geld aus, und so ist heute an der Dekce das Relief von der Steinigung des heiligen Stephanus aus dem Jahr 1688 zu sehen.
Wenden Sie nun den Blick zur Rückseite des Kirchenraums, wo der herrlich verzierten Orgelprospekt aus dem Ende des 17. Jahrhunderts den Raum beherrscht. Hören wir doch der Frau zu, die diese Orgel in- und auswendig kennt, nämlich der Kantorin von St. Stephan, Ingrid Kasper.
OT Kasper:
Wenn man diese Orgel anschaut, sieht sie von außen sehr alt aus, und wie ihr auch richtig wisst, ist sie eigentlich ganz neu und ganz jung. Also die Vorderansicht, man nennt das Orgelprospekt ist alt, ist aus der Barockzeit, und bildet ein Gegenstück zum Chorgestühl, das ihr da gegenüber im Altarraum seht. Das Besondere an diesem Orgelprospekt ist, dass er riesig breit aufgebaut wurde, also ein Prachtstück, und vor allem wenn man die Schnitzereien in die Tiefe anschaut, ist er etwas ganz Besonderes, was man nicht alle Tage sieht. Untern seht ihr dann diese Atlanten, da denkt man vielleicht, das waren die Orgelbauer oder der Orgelbauer mit seien Söhnen, die die Orgel halten und ganz viele Engel und reiche Verzierungen.
Hinter diesem Orgelprospekt waren verschiedene Orgeln. Erst war eine relativ kleine Barockorgel, umso spannender ist, dass der Orgelprospekt so breit gebaut ist, das hätte man gar nicht gebraucht so viel Platz. Man wollte da wirklich ein Prachtstück bauen. Von dieser Orgel wissen wir nicht mehr viel […]. Man hat dann in der Romantik gesagt, jetzt will man andere Klänge haben, und hat einen sehr berühmnten Orgelbauer gefunden: Die Firma Steinmeyer hat eine sehr große Orgel gebaut. Und wahrscheinlich schon in dieser Zeit hat man ein bisschen Schäden angerichtet an diesem Orgelprospekt, der nach hinten verankert war und hat Balken abgeschnitten, die wirklich den Prospekt getragen haben. Das sind ja große Lasten, die da auf den Atlanten ruhen.
Diese Orgel hat man dann nach dem Krieg, nach dem 2. WK verteilt auf verschiedene Kirchengemeinden. Verschiedene Gemeinden haben Orgelpfeifen aus dieser großen Steinmeyer Orgel bekommen, die findet man teilweise in der Erlöserkirche heute noch, in der Auferstehungskirche sind manche, in St. Matthäus in Gaustadt sind keine mehr, aber man hat auf die kleinen Gemeinden der Stadt diese große Orgel verteilt – und hat eine neue Orgel gebaut. Das war die Ott-Orgel von 1966 und die Orgel wurde umgebaut, komplett neu gebaut, nur dieser wertvolle barocke Orgelprospekt ist erhalten geblieben, […] Der Orgelprospekt ist nach vorne gekommen, und um den Orgelprospekt zu retten, der drohte umzustürzen, musste man hinten vorsichtig das ganze Pfeifenmaterial abbauen, und dann stand eine Zeitlang der leere Orgelprospekt wie ein Skelett in der Kirche. Also es war nur noch diese barocke Pracht mehr zu sehen. Das sah sehr gespenstisch aus. Und dahinein haben wir eine neue Orgel gebaut, die ist im Jahr 2008 eingeweiht worden, das Pfeifenmaterial ist ganz jung und neu, mit 52 Registern, eine unglaublich schöne symphonische Orgel, die klanglich das hält, was der Prospekt optisch verspricht.
Und was ist das besondere an der Orgel? Zwei Dinge: Zum einen dieser barocke, prächtige Orgelsprospekt, und dahinter ein „Baby“ an Orgel. Orgeln sollen eigentlich 200, 300, 400 Jahre halten, und diese Orgel ist gerade mal 10 Jahre alt. Eine Königin in einem prächtigen Gewand, aber eine ganz junge Königign. […]
Wollen Sie noch wissen, wie die Kantorin Ingrid Kasper zu ihrem Glockespiel-Register kam? Dann drücken Sie doch einfach auf den „Glockenspiel“-Knopf!

3a. Glockenspiel

Es war natürlich so, dass ich mir als Kantorin dann ganz viel gewünscht habe. ich brauch dieses Register und jenes Register, das Ganze wurde immer teurer und irgendwann wollet ich dann auch eben diesen Zimbelstern haben, also der war im Grundkonzept mit drin, und ich träumte noch von einem Röhrenglockenspiel. Und dann hab ich den Orgelbauer mal so unter der Hand gefragt, was es kosten würde, so ein Glockenspiel dazu einzubauen und zwar nicht irgenwie so ein Klimbim-Glockenspiel, sondern wirklich ein Röhrenglockenspiel. Dann sagt der so: „Naja, so um die 20 000 Euro würde das mehr kosten.“ Dann hab ich gefragt: „“Wie wär’s denn, wenn wir das später nachrüsten? Was würde das denn kosten, wenn man quasi den Platz lässt und die Schalter schon anbringen würde?“ Ja, würde 500 Euro kosten. Dann hab ich mich das nicht mehr zu fragen getraut und hab gedacht: „Also gut, das mit der Röhrenglocke (ich hab schon so viele Sonderwünsche erfüllt bekommen) das lass ich jetzt sein.“ Und dann kam der Orgelspieltisch, und wie ihr hier seht, ist hier ein Schalter, wo „Glocken“ draufsteht. Dann bin ich total erschrocken: „Oh jetzt kostet’s 5000 Euro mehr, die haben das falsch verstanden und haben gedacht, sie sollen das vorbereiten.“ Und dann hat die Orgelbaufirma gesagt: Nein, das ist nur der Schalter, sie haben den mal zur Sicherheit hingebaut, aber es ist nicht das Glockenspiel bestellt. Und vielleicht fragt ja mal jemand, was hinter diesem Schalter ist und vielleicht find ich ja auf diese Art und Weise einen Spender.
Und ich konnte mir das eigentlich nicht vorstellen, aber es kam wirklich so. Ich hatte hier eine Orgelführung und eine Dame fragte mich: „Was ist denn das für ein Schalter, wo Glocken draufsteht?“ Da hab ich die Geschichte erzählt: Der ist leer, da ist nichts dahinter, das würde 20000 Euro kosten, und das konnten wir uns nicht leisten, und hab ihr das erklärt, wovon ich da träume. Zwei Jahre später schreibt mir diese Frau eine E-Mail, sie hätte da so Glocken gehört, ob das denn mein erträumtes Glockenspiel wäre. Ich sagte, nein, das war der Zimbelspiel, weil das Glockenspiel, wie gesagt, ist zu teuer, das haben wir nicht. Und dann hat sie noch vier mal hin und hergemailt im Fünf-Minuten-Minuten Takt, was denn jetzt der Unterschied wäre, und was es denn kosten würde, und dann kam die E-Mail: „Bitte bestellen Sie, ich möchte das stiften und möchte es an Weihnachten hören.“ Und so hab ich mein Engelsspiel, so heißt es jetzt, innerhalb von einem halben Jahr gestiftet bekommen. Und jetzt ist es eben zu hören.

4. Die Stephanskirche innen – Kronprinzessinenloge

Wenn Sie zur Orgel blicken ist Ihnen mit Sicherheit bereits auf der rechten Seite der große Eichenholzaufbau mit den Fenstern an der Wand aufgefallen. Wenn Sie genau hinsehen, können Sie über oben die vergoldete Rankenschnitzerei sehen, auf der eine königliche Krone angebracht ist. Das ist die sogenannte Kronprinzessinnenloge – eine Besonderheit von St. Stepan.
Die Loge wurde nach dem Wunsch von Marie Prinzessin von Preußen, der Gemahlin des Kronprinzen Maximilian erbaut. Das war im Jahr 1834. Wir erinnern uns – damals war St. Stephan bereits die Kirche der evangelsichen Gemeinde Bambergs. Der Kronprinz und seine Frau weilten oft in Franken und Bamberg, und da die Prinzessin, anders als ihr Gemahl, evangelisch war, wollte sie den Gottesdienst natürlich in St. Sephan verfolgen. Damit sie aber nicht beim normalen Volk sitzen musste, wurde diese Loge angebracht. Die unteren Fenster kann man übringes öffnen, indem sie in die Brüstung versenkt werden – dann konnte die Prinzessin auch besser verstehen, was gesagt wurde. Im Inneren der Kronprinzessinnenloge befinden sich zwei prächtige Stühle. Erreicht werden kann der Anbau über eine Eichenholztreppe, die vom westlichen Querschiff ausgeht.

5. Die Stephanskirche innen – Taufbecken

Wenn Sie sich den Altarbereich näher betrachten, dann bemerken Sie wahrscheinlich, dass Altar, Taufbecken und Kanzelpult einen interessanten Kontrast zur barocken Innenausstattung der Kirche bilden. Sie wurden 1986 vom Bildhauer Jürgen Goertz für St. Stephan geschaffen, und wir wollen uns das Taufbecken einmal näher ansehen.
Ein nacktes, ungestaltetes Kind sitzt auf der metallenen Kugel. Sie können den Herrschaftsapfel in seinem Schoß sehen, doch ist es wirklich mächtig? Wahrscheinlich haben Sie sich auch schon über die Erwachsenenhand gewundert: Diese zeigt mit überlangem Finger auf das Kreuz auf dem Altar – und auch auf das Lesepult, von dem aus der Bibel vorgelesen wird. Ist dieses hilflose Kind das Christuskind, dessen Leiden schon von Anfang an vorbestimmt ist? Doch halt, hören wir genau hin – da spricht es doch:
KINDERSTIMME:
Was guckst du?
Diese Frage möchte ich Dir am liebsten stellen. Aber natürlich weiß ich, dass du gar nicht anders kannst, als mich anzuschauen, bin ich doch irgendwie für jeden sichtbar. Und eigentlich ist es mir sogar lieber, wenn du mich direkt anschaust, als wenn du verschämt wegblickst und mich dann doch anstarrst, wenn du meinst, dass ich es nicht mitbekomme.
Ich bin keine Schönheit. Mein Kopf ist zu groß. Glaub mir, mir ist er oft selbst viel zu schwer, außerdem tut er mir die ganze Zeit weh und ich kann wirklich nichts dafür, dass du das Gefühl hast, dass ich dich anstarre. Meine Augen treten einfach so heraus. (hat wahrscheinlich was mit meinem Kopf zu tun)
Aber weil es damit offensichtlich nicht genug ist, kannst du auch gern mal meinen Rücken ansehen. Nicht erschrecken, er ist offen, d.h. du kannst meine Wirbelsäule erkennen. Spina bifida nennt man diese Krankheit. Die Folge ist leider, dass ich nicht gehen kann.
Wenn du jetzt den Kopf schüttelst und sagst oder denkst, wie kann man so eine Figur nur in der Kirche ausstellen, noch dazu auf den Taufstein setzen, dann geht es dir wie vielen anderen. Manchmal schimpfen Menschen, die mich sehen und sagen: „So was gehört doch nicht in die Kirche!" Ob sie wissen, was sie sagen? ...Weil in meiner unmittelbaren Nähe auch die Brautpaare sitzen, wenn sie hier in dieser Kirche heiraten, habe ich schon gehört, wie sich Brautpaare gewünscht haben, dass ich doch zumindest während ihrer Trauung verschwinden soll, ich würde ihre Freude trüben. Mich freut es, dass dann die Pfarrer, der Mesner und die Kantorin sich dann für mich einsetzen und sagen, dass zum Leben nicht nur das Schöne und Gesunde und Starke gehören, sondern auch das, was gar nicht schön ist und das Schwache und Zerbrechliche und dass ich deshalb zur Kirche gehöre und nicht irgendwo versteckt werde.
Das tröstet mich.
Mich tröstet, dass ich auf dem Taufstein sitze, der ja der Ort ist, an dem gefeiert wird, dass Gott zum Leben Ja sagt, auch zu meinem und zu allen meinen Geschwistern auf dieser Welt, denen es ähnlich geht wie mir.
Mich tröstet es, dass ich an den Gottesknecht erinnern darf, von dem der Prophet Jesaja erzählt, dass er so schrecklich anzuschauen war, dass sich jeder von ihm abwandte, aber dass genau er der ist, mit dem Gott die Welt verändern will.
Mich tröstet es, dass mich manche sogar mit dem Jesuskind in Verbindung bringen und sagen, Christen glauben, dass man mir schon ansieht, dass Jesus sich nicht davon abhalten ließ, uns Menschen in allem Leid nahe zu sein und dass Gott ihm genau deswegen zum König dieser Welt gemacht hat. Deshalb habe ich auch die goldene Kugel bekommen, die du in meinem Schoß siehst.
Mich tröstet es, dass dieser Jesus konsequent geblieben ist und auch als Erwachsener sich nicht hinreißen ließ, bei dem elenden Spiel mitzumachen, wer ist mächtiger, stärker und schöner. Deshalb habe ich wie einen Handschuh die Hand eines Erwachsenen angezogen und deute auf das Lesepult, weil es sich lohnt, Geschichten von diesem Jesus zu hören, weil sie irgendwie alle etwas mit unserem Leben zu tun haben. Und ich deute auf den Altar, an dem Abendmahl gefeiert wird, weil Du im Abendmahl spüren kannst: Du und ich gehören zusammen, zu Dir und mir sagt Gott Ja.
Wie gut, dass du geguckt hast und dich von mir hast ansprechen lassen und nicht verschämt vorbeigegangen bist.

Für die nächste Station begeben Sie sich bitte hinter den Altar, sodass Sie in den Chorraum zum Hochaltar blicken können.

6. Stephanskirche innen - Chorraum

Nun fällt ihr Blick in den weiten Chorraum. Am Auffälligsten dort ist wahrscheinlich das große Gemälde am Hochaltar, der aus dem führen 18. Jahrhundert stammt. Von einem goldenen Rahmen umgeben, zeigt es das Martytrium des heiligen Stephanus. Die Szene stellt die Steinigung des Stephanus dar, nachdem sich dieser zu Gott bekannt hatte, dasselbe Motiv, das auch im Deckenrelief über der Vierung zu sehen ist. Bei genauerem Betrachten erkennt man , dass aus dem geöffneten Himmel Jesus und der heilige Geist (in Gestalt einer Taube) erscheinen, die Stephanus in den Himmel aufnehmen, so wie es in der Apostelgeschichte beschrieben ist:

Stephanus aber, voll Heiligen Geistes, sah auf zum Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Sie schrien aber laut und hielten sich ihre Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten Stephanus. Der rief den Herrn an und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!
Oberhalb des Hochaltars befinden sich acht Stuckfiguren, besonders wichtig sind die beiden Frauenfiguren direkt hinter dem Altar. Links steht die Gottesmutter Maria mit dem Christuskind auf dem Arm . Rechts daneben befindet sich die Kirchenstifterin Kunigunde. In ihren Armen trägt sie die Stephanskirche und bei näherem Hinsehen meinen einige einen leicht gewölbten Bauch zu erkennen, der auf eine Schwangerschaft hinweisen könnte. Wie bekannt ist, blieb die Ehe zwischen Kaiser Heinrich und Kunigunde ehelos, weswegen viele sich erzählen, dass die Stephanskirche wie ein Kind für Kunigunde gewesen sei – deshalb auch die Verbindung zwischen dem gewölbten Bauch und der Stephanskirche auf dem Arm.
Achten Sie auch auf das prächtig verzierte Rokoko-Chorgestühl von Johann Bernhard Kamm aus dem 18. Jahrhundert. Hier saßen die Stiftsherren, die ursprünglich noch durch ein schmiedeeisernes Gitter von der normalen Bevölkerung getrennt waren. Und das vorher bereits erwähnte Dekcenrelief über der Vierung ist auch nur von diesen Plätzen aus richtig zu sehen.
Zum Abschluss dieser Station wenden Sie nun ihren Blick etwas nach links oben. Am oberen Teil des Stützpfeilers ist Ihnen vielleicht bereits das schwarze Kunstwerk mit den zwei Kugeln aufgefallen. Hören wir uns an, was der Pfarrer von St. Stephan, Walter Neunhoeffer, dazu sagt: OT Neunhoeffer:
Die eiserne Skulptur des Portugiesen Rui Chafes am linken vorderen Vierungspfeiler wurde der Gemeinde im Jahr 2007 anlässlich der 1000-Jahr-Feier des Erzbistums durch das Künstlerhaus "Villa Concordia" als Dauerleihgabe übergeben. […] Das Künstlerhaus Villa Concordia hatte die Idee, anlässlich des Jubiläums besonderer Orte, die eine besondere Beziehung haben zum Erzbistum Bamberg haben, mit moderner Kunst zu versehen. Wir als evangelische Kirchengemeinde St. Stephan sind stozlz darauf, dass wir auch als so ein Ort angesehen wurden. […] Vom erdenschweren Fundament gleitet der Blick aufwärts ins Licht und in die Weite. Es ist, als begegneten sich hier Himmel und Erde. Auf der linken Seite dringt auf halber Höhe der Kirche eine Skulptur aus dem Mauerwerk ins Freie. Sie hat menschliche Gestalt, aber ihr Material ist schweres Eisen und stammt aus der Erde, aus Dunkel und Nacht. Nun aber wird sie ins helle Licht gehoben. Die Spannung, der Widerspruch zwischen Himmel und Erde, zwischen Leben und Tod wird nicht elegant überspielt oder geleugnet, sondern wird ausgehalten und aufgehoben. Was bei uns dunkel ist, unverständlich und schwer, darf ans Licht kommen, darf angenommen und ausgesprochen werden. Was uns belastet und Angst macht, darf nicht verschwiegen werden. Aber es steht unter einer wunderbaren Hoffnung, nämlich so wie es der Name diese Kunstwerkes sagt: „Stärker als der Tod“. Gottes Macht ist stärker als der Tod. Daran werden wir Sonntag für Sonntag erinnert. Durch diese wunderbare Skulptur. Natürlich hat diese Skulptur wie alle moderne Kunst auch Widerspruch ghervorgerrufen, es gibt Gemeindeglieder, die diese Skulpur nicht mögen und ihren Sitzplatz im Gottesdienst verändert haben, damit sie diese Skulpur nicht so deutlich sehen müssen. Andere haben extra einen Sitzplatz gesucht, um diese Botschaft zu hören. Auch gibt es Spott über diese Skulpur. Manche nenne diese Skulptur nicht „Stärker als der Tod“, sondern „Kleiderbügel“. Aber schauen Sie sich’s am besten selbst an und entscheiden Sie. Ich glaube, „Stärker als der Tod“ ist der richtige Titel.

Nun verlassen wir die Kirche wieder durch den Haupteingang. Gleich gegenüber sehen Sie zwei der Kuriengebäude, über die Sie an der nächsten Station etwas hören werden.

7. Curia Volkmari, Curia Caroli

GRETA: Dem Haupteingang der Stephanskirche gegenüber können Sie uns zwei Kurienhäuser sehen. Wir tragen die Adresse Stephansplatz 1 und 2. Schauen Sie uns gerne ein bisschen näher an.
LUISA: Wir sind nämlich zwei der ansehenlichsten von vierzehn Kurien rund um St. Stephan. Wie Sie vielleicht an anderen Stationen schon mitbekommen haben, entstanden die Kurien im Laufe des späten Mittelalters und dienten als Wohnhäuser der Stiftsherren.
GRETA:Also, beginnen wir mit mir, der Curia Caroli, der schönsten Kurie von allen. Mich können sie rechts sehen, das Gebäude mit den grünen Fensterläden. Erstmals erwähnt wurde ich im 14. Jahrhundert.Der jetztige Bau stammt in seiner ursprünglichen Form aus dem 15. Jahrhundert. Mein erster Besitzer war Carolus, der Dekan von St. Stephan, ihm habe ich auch meinen Namen zu verdanken. Über meinem hübschen Torbogen befand sich ein Sandsteinrelief. Das musste ich 1999 an meine Nachbarin Curia Volkmari abgeben.
LUISA: Links neben der Curia Caroli befinde ich mich, die Curia Volkmari. Mein erster Besitzer war Volkmar, ein Kanoniker von St. Stephan. Heute bin ich ein Dienstbotenheim der Mariahilfsanstalt. Mich erkennen Sie an dem riesigen Schornstein auf der Dachspitze. Darunter liegt ein wunderschönes Fachwerk in meiner Giebelfront, das schon über 500 Jahre alt ist. Außerdem besitze ich seit 1999 das schon genannte Sandsteinrelief, das Sie neben meiner Hauslaterne sehen können. Gehen Sie ruhig ein bisschen näher ran, dann können Sie es besser erkennen.
GRETA: Auf diesem Relief aus dem 15.Jahrhundert ist die Kaiserin Kunigunde mit einem Modell der Kirche St. Stephan in der Hand zu sehen. Vor ihr kniet der Bauherr Anton von Rotenhan. Die Inschrift des Bildes zeigt den Schriftzug: „Curia habitationis S. Chunigundis“, was übersetzt so viel wie „Wohnung der heiligen Kunigunde“ heißt – ob sie hier wirklich gewohnt hat, ist nicht bekannt.
LUISA: Wenn wir schon bei ihr sind, dann kann ich auch etwas von ihr erzählen. Kunigunde wurde 980 in Luxemburg geboren und heiratete um das Jahr 1000 Kaiser Heinrich. Als Hochzeitsgeschenk schenkte er ihr die Stadt Bamberg. Von dieser "Morgengabe", wie das Geschenk genannt wird, übergab Kunigunde einen Teil, nämlich das Gebiet um St. Stephan, der Kirche zur Gründung eines Stifts. Das ist auch der Grund, warum sie mit der Stephans Kirche sehr verbunden war. Die heilige Kunigunde ist auch in der Kirche - und eben hier auf diesem Relief - zu sehen.
GRETA: Sie ist die Schutzheilige und Patronin der Stadt Bamberg. Über die Jahre wurde sie für die Bamberger sogar wichtiger als Kaiser Heinrich II. Deshalb ranken sich einige Legenden um die Kaiserin. Eine der schönsten handelt sogar vom Bau der Stephanskirche, bei dem Kunigunde die Bauarbeiter persönlich – und wie sich zeigen wird, gerecht - ausgezahlt haben soll:
LUISA:"Es war unter den Werkleuten ein bösartiger, unzufriedener Mann, der bestahl den Schaffner des Baues beim Ausbezahlen, so dass die bestimmte Summe niemals zureichen wollte. Man konnte dem Diebe lange nicht auf die Spur kommen. Da begab sich die heilige Kunigunde eines Tages selbst unter die Werkleute, und hielt eine Schale dar, aus welcher sich jeder seinen Pfennig nahm. Auch der Dieb griff in die Schale, nahm aber, wie früher, unvermerkt mehrere Pfennige. Kaum hatte er sie ergriffen, als ihm die Hände entsetzlich brannten, so dass er heulend davonlief, und als er nach Hause kam, nur noch einen Pfennig in der Hand hatte.“ – so die Legende vom Pfennigwunder. GRETA: Gestorben ist Kunigunde 1033 als einfache Nonne in dem von ihr gestifteten Kloster Kaufungen , nachdem sie sich 1024 als Kaiserwitwe dorthin zurückgezogen hatte. Heute liegt sie mit ihrem Ehemann im Bamberger Dom im berühmten Kaisergrab - und sie liegt sogar auf der wichtigen, der rechten Seite!

8. Curia Aufsees, Curia Otnandi

Gehen Sie nun von der Kirche den kleinen Weg, der vom Kircheneingang unter den Bäumen bergab führt, hinunter. Wenn Sie auf die enge Straße treffen, bleiben Sie bitte stehen.
1: Brr! Ist es hier aber kalt!
2: Ja, klar! Wir stehen ja auch in der sogenannten Eisgrube!
1: Ja, schon, aber warum heißt sie eigentlich so? Gibt es hier im Sommer etwa immer kostenlos Eis? Oder friert diese Straße im Winter immer zu?
2: Nicht ganz, aber es hat tatsächlich etwas mit dem Klima zu tun. Durch den geringen Sonneneinfall gilt diese enge Gasse als besonders zugig und kalt. Manche sagen auch, dass es von „Eisengrube“ kommt. Denn früher befand sich in dieser Straße angeblich eine Werkstätte für Eisengießer.
Das gelbe, lange Gebäude rechts vor uns ist ja schön. Wer wohnt denn darin?
1: Weisst du das etwa nicht? Da wohnt doch der Pfarrer der Stephanskirche drin, und gleichzeitig ist hier der Sitz des Dekanats Bamberg. Früher war das natürlich auch eine Kurie der Stiftskirche St. Stephan.
2. Was ist eigentlich eine Kurie?
1. Curia heißt auf deutsch Rathaus, und eine Kurie ist eine Wohnung eines Domherren oder einer Stiftsdame.
2. Na, die haben ja offensichtlich recht schön gewohnt – und zu ihrer Stiftskirche hatten sie es auch nicht weit.
1. Das gelbe Gebäude mit den rot-braunen Fensterläden und der schönen Holztür da war früher die Curia Aufseß – benannt nach Albert von Aufseß, der hier im 14. Jahrhundert gelebt hat. Dieses Gebäude wurde natürlich im Lauf der Jahrhunderte mehrmals umgebaut, wie du auch an der Jahreszahl 1684 über der Tür sehen kannst. Wenn du in das Gebäude hineingehst, kannst du eine herrlichen Treppe und schöne Stuckdecken entdecken. Die Kurie, wie du sie heute siehst - mit der geschmückten Strassenfront- stammt aber hauptsächlich aus dem frühen 18. Jahrhundert. Nach der Säkularisation war das Haus in Privatbesitz, und um 1830 richtete die evangelische Kirchengemeinde im Obergeschoss eine Schule ein. Ein Jahr später hat sie dann das gesamte Gebäude erworben und gestaltete es als Pfarrhaus um. Ja, und ungefähr 30 Jahre danach wurde die Curia Aufseß ein Pfarrhaus und gleichzeitig Sitz des Dekans.
2. Und links daneben? War das auch einmal eine Kurie? Das sieht viel weniger prachtvoll aus.
1. Du meinst dieses etwas schmucklose Gebäude mit den türkis-grünen Fensterläden und den gelb umrandeten Fenstern? Das war nur der Teil einer Kurie – schau mal noch etwas weiter den Berg hinauf, da siehst du ein Tor, und hinter diesem Tor befand sich der Hof der Curia Ottnandi. Sie hat ihren Namen natürlich vom Stiftsherren Ottnand. In dem Hof stand auch einmal das mittelalterliche Haupthaus der Kurie, von dem heute gar nichts mehr zu sehen ist. Und das heutige Gebäude scheint so gar nicht zu der mittelalterlichen Umgebung zu passen. Richtig – es wurde ja auch erst vor etwa 120 Jahren errichtet, und in ihm befand sich ein Diakonissenheim, eine Kinderbewahranstalt und eine Kinderkrippe. Heute ist unter anderem die evangelische Jugend dort zu finden.
2. Na, dann lass uns doch die Eisgrube hinauf an diesem Hof vorbei gehen, denn oben, am Oberen Stephansberg, gibt es ja noch einige dieser Stiftsherrenhäuser.
1. Gut, wir gehen also bis vor das Tor zum Stephanshof.

9. Kurien Oberer Stephansberg

Drehen Sie sich bitte so, dass Sie auf den Platz sehen, der sich vor dem Kapitelhaus in Richtung Oberer Stephansberg verjüngt. Hier befinden Sie sich im Herzen der Immunität St. Stephan. Wenn es noch existieren würde, könnten Sie nun in etwa 80 Meter Entfernung das Stephanstor sehen, das bis zum 18. Jahrhundert den Oberen und den Unteren Teil der Immunität St. Stephan getrennt hat.
Sehen Sie sich bitte die Häuser an diesem Platz einmal genauer an – Sie werden bemerken, dass sie allesamt sehr groß und herrschaftlich wirken. Und sie waren auch herrschaftlich, denn hier waren sieben der insgesamt 14 Kurienhäuser versammelt, die im 13. und 14. Jahrhundert als Wohnstätten für die von St. Stephan gebaut wurden.
Natürlich wurden die Häuser über die Jahrhunderte mehrmals umgebaut und erneuert, aber man kann erahnen, welche Bedeutung die Chorherren für das Gebiet hatten.
Beginnen wir mit einem der eindrucksvollsten Gebäude ganz links, wo Sie das Tor in der Mauer sehen – die Curia ad Salices, zu der wir später noch kommen werden.
Rechts daneben schließt sich die Curia Hugonis an, die wohl dem Chorherren Hugo gehörte. Ein dreistöckiges, weißes Gebäude, das in der heutigen Form aus dem 17. Jahrhundert stammt. Sein Hof und Garten reichen bis zu einem Brauereikellereingang unten an der Concordiastraße.
Das Haus mit dem spitzen Giebel und dem Balkon ist die Curia Guntheri, hinter und neben der Johanniskapelle befanden sich noch zwei weitere Kurien, die heute allerdings nicht mehr existieren.
Wenn Sie nun Ihren Blick über die Straße nach rechts wenden, erkennen Sie einen zweigeschossigen, roten Bau, der zwar mittelalterliche Substanz aufweist, aber nach dem 30jährigen Krieg wieder aufgebaut und im 18. Jahrhundert barockisiert wurde, als auch die Immaculata-Figur von Leonhard Gollwitzer über der Türe angebracht wurde. Diese Kurie wurde nach dem Chorherren Poppo Curia Popponis benannt. Und der langgestreckte, gelbe Bau zu Ihrer Rechten war die Curia Libhardi. Obwohl das Gebäude längst umgebaut, inzwischen komplett entkernt und vielfach durch Nebengebäude ergänzt wurde, vermittelt das Haupthaus einen Eindruck von der Größe der Stiftskurien – vor allem im Vergleich zu den doch sehr aneinander gedrängten Häusern der restlichen Bewohner des Stephansbergs.
Kommen wir zurück zum frisch renovierten Hof zu Ihrer Linken. Die Curia ad Salices wurde „Kurie zu den Weiden“ genannt, um auf die Weidenbäume am Regnitzufer am Ende des Hangs zu verweisen. Wenn Sie ganz nach links zum Treppeneingang blicken, können Sie über dem Eingangstor ein großes Wappen erkennen, von dem das Haus ab dem 17. Jahrhundert den Namen „Haus zum Wappen“ erhielt. Es handelt sich um das Wappen des Fürstbischofs Johann Gottfried von Aschhausen, für dessen Familie auch das Rad im Zentrum des Wappens steht. Johann Gottfried von Aschhausen ließ dieses Gebäude im Jahr 1618 anstelle der baufällig gewordenen Kurie als Haus für kranke Dienstboten errichten. Das Haus wurde mit vielen Zimmern und einer Kapelle ausgestattet. Der Hof neben dem zweiflügligen Bau wurde ummauert. Später wurde es wieder von der Kirche übernommen, bevor es im Rahmen der Säkularisation in private Hände fiel. Erst im Jahr 2018 wurde das Haus komplett renoviert. Vielleicht erhaschen Sie ja einen Blick in den prachtvoll gestalteten Garten, wenn das Tor zufällig offen steht.

10. Die Kapelle St. Johannis

Haben Sie schon die St. Johannis-Kapelle bemerkt, die sich schräg gegenüber des Kapitelhauses befindet und vielleicht nicht auf den ersten Blick zu sehen ist? Stellen Sie sich direkt vor das große Tor vor dem Hof zur Kapelle und schauen Sie sich das kleine Kirchengebäude erst einmal genauer an. Vielleicht fällt Ihnen die für eine Kapelle ungewöhnliche Form auf. Denn einerseits erkennen wir die für eine kleine Kirche typischen hohen Fenster und die Kirchentür, andererseits besitzt St. Johannis keinen Turm. Wenn Sie jetzt einmal nur auf die Fenster achten, können Sie die unterschiedlichen Größen und die ungleichmäßigen Abstände zwischen den Fenstern sehen.

Die St. Johannis Kapelle gibt es schon seit über 700 Jahren, wie aus der ersten urkundlichen Erwähnung aus dem Jahr 1343 hervorgeht. Handschriftliche Notizen legen aber nahe, dass es die Kapelle schon einige Jahre länger gab.

Der frühere Name des Gebäudes lautete „St. Johannis unter der Linden“. Sie diente damals als Pfarrkirche und Gemeindehaus für die Bürger der Immunität - zur großen Stiftskirche St. Stephan hatten nämlich nur Klostermitglieder Zutritt.

Wenn Sie vor ungefähr 400 Jahren von Ihrem aktuellen Standort ein paar Schritte nach vorne in Richtung St. Johannis Kapelle gemacht hätten, wären Sie wohl in einen Graben oder ein großes Loch gefallen. Denn damals befand sich direkt neben der kleinen Kapelle ein Steinbruch, aus dem Sandstein für den Neubau der Stephanskirche abgebaut wurde.

Natürlich hat die Kapelle während der Jahrhunderte einige Umbauten erfahren – das ist auch der Grund, warum die Fenster so uneinheitlich erscheinen. Immer wieder wurden Abschnitte hinzugefügt oder abgerissen. So wurde zum Beispiel während 18. Jahrhunderts auch der Innenraum dem barocken Baustil entsprechend umgestaltet.

Im Laufe der Säkularisation standen große Umwälzungen in der Bamberger Kirchenlandschaft Bamberg an: Denn 1804 wurde die Obere Pfarre zur neuen Pfarrkirche für die Bürger. Deswegen verlor St. Johannis diese Aufgabe. Darauf wurde das Inventar und auch das gesamte Gebäude in Privathand versteigert.
Und wo vorher der Altar war, hat man später Bierfässer gelagert und elektrische Geräte verkauft. Während des zweiten Weltkrieges nutzten die Bürger den Keller der Kapelle als Luftschutzraum. und zwischenzeitlich wurde der Kirchenraum auch als Büro genutzt.

Erst vor gar nicht allzu langer Zeit, nämlich 1992, gründete sich mit dem „Freundeskreis St. Johannis e.V.“ ein Verein , der sich als Ziel die Rettung der Kapelle setzte. Mit vielen privaten Spenden konnte St. Johannis vor dem Verfall bewahrt werden, und es entstand ein vielfach nutzbares Gebäude.

Seit 2014 finden Kunst und Kultur hier eine Heimat. Zum Beispiel beim interkulturellen Kunsthandwerker Adventsmarkt.
Außerdem kann man den Raum für Feiern und Veranstaltungen mieten.

Was auf den ersten Blick so unscheinbar wirkt, hat also eine lebendige und wechselvolle Geschichte hinter sich - die Kapelle St. Johannis.

11. Das Kapitelhaus

Sie stehen nun im Stephanshof, umringt von den Kapitelbauten. Bereits Otto I., der Heilige, soll neben dem Turm der Kirche auch die Klostergebäude dieses Hofes mit seinen Wirtschaftsbauten errichtet haben. Wenn sie sich so hinstellen, dass sich das Glasgebäude und die Kirche zu ihrer Linken befinden, sehen Sie vor sich ein helles, quaderfördmiges, zweistöckiges Gebäude mit einem Mansarddach. Das Kapitelhaus, das Ende des 14. Jahrhunderts neu erbaut wurde, diente als Versammlungshaus der Kanoniker, die sich dort im Kapitelsaal trafen. Ab dem 16. Jahrhundert befand sich auch eine Schule in diesem Gebäude. Nachdem es im 18. Jahrhundert neu errichtet wurde, konnte man im Erdgeschoß eine Schulstube und eine Schulmeisterwohnung sowie die Wohnung des Meßners finden. Später waren hier auch die Lehrer des Schullehrerseminars untergebracht, die im heutigen E.T.A. Hoffmann-Gymnasium am Stephansberg auf die Schullaufbahn vorbereitet wurden. Im Obergeschoß lag, so wie heute, der große Kapitelsaal. Seit 1965 ist das Kapitelhaus im Besitz der evangelischen Kirche, und nach der kompletten Neugestaltung, die 2015 abgeschlossen war, ist der Stephanshof ein lebendiges Zentrum, in dem das Kirchengemeindeamt ebenso Platz findet wie die Gemeinde und das Pfarramt. Doch auch gefeiert wird hier: Man kann die Räume – auch den großen Kapitelsaal – für Kultur und private Veranstaltungen mieten. Und so gibt es viele Paare, die in historischem Ambiente ihre Hochzeit gefeiert haben – hier im Kapitelhaus St. Stephan.
Hier endet unser Rundgang durch St. Stephan. Wir hoffen, wir konnten Ihnen die Kirche, die umliegenden Gebäude und auch das ganze Gebiet am Stephansberg etwas näherbringen. Wir, die Schülerinnen und Schüler, die diesen Audioguide erstellt haben, haben bei unserer Arbeit viel Interessantes und Neues über die ehemalige Immunität St. Stephan erfahren und gehen nun – wie Sie hoffentlich auch – mit anderen Augen durch dieses Gebiet. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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